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Ehemalige Kirche kaufen - darauf sollten Sie besonders achten!

Wer sich als Privatmann mit der Absicht trägt, eine Immobilie zu erwerben, denkt dabei sicher kaum daran eine Kirche kaufen zu können. Bei vielen besteht eine innere Sperre, sich mit dem Gedanken auch nur zu befassen. Das Christentum, in dessen Traditionen die meisten von uns leben und denken, kennt den Begriff des geweihten Bodens und wir verbinden religiöse Gebäude ganz allgemein damit. Die Kirchen selbst verfahren unterschiedlich mit dem Problem. Die Katholischen Kirche kennt den kirchenrechtlichen Vorgang der Profanierung: Eine Kirche wird durch einen Verwaltungsakt entwidmet und gilt dann nicht mehr als „geheiligter Raum für Gottesdienste“.

Bei der Evangelischen Kirche dienen Kirchenräume auch weltlichen Zwecken und sollen der Allgemeinheit zugänglich sein. Über ihre Entwidmung entscheidet die Kirchengemeindeleitung in Absprache mit der Kirchenleitung.

Die Realität erlaubt uns, den Umgang mit früheren Kirchengebäuden entspannter zu betrachten. Vor allem in Städten mit mittelalterlicher historischer Bausubstanz stehen zahlreiche Gebäude, deren Fundamente oder ganze Kellergeschosse eine Vorgeschichte als kirchliche Räume vorweisen können. Klöster waren vor 800 Jahren im Bild der Städte allgegenwärtig und ihre Spuren finden sich überall und die dazugehörigen Kirchen sind oft vielfach umgebaut und werden seit je profan genutzt.

Privates Eigentum an einer Kirche?

Ein erheblicher Teil aller „aktiven“ Kirchen befindet sich tatsächlich in privaten Händen. Die alten Familien, Adel und Patriziat, sind kraft Selbstverständnisses entweder katholisch oder evangelisch und wer sich noch einen traditionellen Sitz, eine Burg oder Schloss leistet, besitzt auch eine dazugehörige Kapelle. Überall dort, wo es eine alteingesessene Bauernschaft gibt, findet der Interessierte auch Privatkapellen an meist sorgfältig ausgewählten Orten, gestiftet als Bitte für eine gute Ernte und um Schutz der Stifter. Gar nicht selten, wenn die Architektur es zulässt, werden sie zu trivialen Lagern oder – in Weinbergen – zu einer Schankstätte zum Verkosten umgestaltet.

In Italien, das die Hälfte aller historischen Bauten der Menschheit beherbergt, finden historische Kirchenräume aller Altersklassen oft eine neue Bestimmung als stilvolles Restaurant. In Amsterdam schließlich ist die Hotelbar eines der nobelsten Hotels ein ehemaliger Kirchenraum.

Alte Kirche oder Pfarrhaus kaufen

Kirchen gelangen in Deutschland recht selten auf den Markt. Die evangelischen Kirchen unterhalten eine eigene Seite im Netz: www.kirchengrundstuecke.de. Dort können sich Interessierte über aktuelle Angebote informieren. Die Seite ist grundsätzlich interessant, da nicht nur Kirchenräume, sondern auch Pfarrhäuser regelmäßig zum Verkauf stehen. Bei der Katholischen Kirche, einem der größten Immobilieneigentümer in Deutschland, sollte immer das Bistum angesprochen werden, ob aktuelle Angebote verfügbar sind.
Natürlich unterliegt der Verkauf von Kircheneigentum in Deutschland Bieterverfahren und eine Zugehörigkeit zur jeweiligen Religionsgemeinschaft ist meist Voraussetzung für eine erfolgreiche Teilnahme. Bei schwer verkäuflichen Objekten werden die Anforderungen vielfach zurückgeschraubt und so können immer wieder auch Bauten neueren Datums, häufig Kombinationsbauten aus Sakralraum und Wohnhaus für den evangelischen Pastor und seine Familie, privat erworben werden. Oft sind dies recht große Anwesen, die entweder einen Umbau erfordern oder sich für eine gewerbliche oder gemischte Nutzung anbieten.

Im Ausland gelten andere Regeln. In Italien gibt es zahllose mehr oder weniger verlassene Dörfer mit entsprechender Infrastruktur und der Erwerb einer Kirche, auch einer mittelalterlichen, die in jedem anderen Land streng denkmalgeschützt wäre, ist kein Problem. Die Praxis lehrt allerdings, dass nicht jeder Ausländer, der in Italien eine Immobilie erwirbt, damit auch glücklich wird.

Die besondere Immobilie: eine Kirche kaufen und als Wohnraum umgestalten

Bei nicht denkmalgeschützten Gebäuden in Deutschland, die in kirchlicher Nutzung standen, empfiehlt sich neben der beim Kauf von Bestandsgebäuden üblichen Vorsicht, eine Anfrage bei der Gemeinde. Mitunter bestehen ältere Nutzungsverordnungen, die beachtet oder geändert werden müssen. Auch im Grundbuch können die unterschiedlichsten Lasten eingetragen sein, insbesondere dann, wenn das Grundstück durch eine Schenkung in das Eigentum der Kirche übergegangen ist.

Denkmalschutz-Vorschriften beachten!

Bei denkmalgeschützten Gebäuden, zu denen Räume mit einer sakralen Nutzung zählen, erweisen sich die zuständigen deutschen Denkmalpfleger oft als sehr hartnäckig bei der Wahrung des Raumcharakters. Nicht jeder möchte mit Grabplatten am Boden oder einer Kreuzigungsgruppe an der Wand leben. Jeder, der sich je in Deutschland mit denkmalgeschützten Immobilien eingelassen hat, weiß, dass letzten Endes die für den Denkmalschutz zuständige Behörde am längeren Hebel sitzt. Hier gilt es, die eigenen Interessen sehr genau im Blickfeld zu behalten, wenn eine Entscheidung über einen Kauf ansteht. Und nicht zuletzt sollte nicht vergessen werden: Der Kauf von denkmalgeschützten Gebäuden lohnt sich vorzugsweise – und eigentlich meist ausschließlich – für die Bezieher von Einkommen, die den höheren Steuersätzen unterliegen.

Der Kauf einer Kirche – oder mit einem bei historischen Häusern häufigen Kirchenraum – berührt bei vielen das eigene Grundverständnis: Ein Immobilienkauf sollte immer gut fundiert beraten und wohlüberlegt erfolgen. In diesem speziellen Fall sollte eine ehrliche Innenschau zusätzlich ergeben, dass ein unbefangener Umgang mit dem Gebäude möglich ist.

Gibt es Unterschiede bei der Baufinanzierung zum Kauf einer Kirche?

Für die Baufinanzierung gelten keine anderen Regeln als für alle anderen Immobilien. Allerdings kann die notwendige Wertermittlung schwierig werden. Auch die für die Ermittlung des Beleihungswerts grundsätzlich bedeutende Marktgängigkeit der Immobilie kann zumindest oft angezweifelt werden. Eine Finanzierung mit einem erhöhten Anteil an Eigenkapital ist daher nicht nur zu empfehlen, sondern meist notwendig.

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